Physiotherapie

 

Physiotherapie ist die äußerliche Anwendung von Heilmitteln. Sie orientiert sich bei der Behandlung sowohl an den natürlichen chemischen und physikalischen Reizen der Umwelt (z.B. Wärme, Kälte, Druck, Strahlung, Elektrizität) als auch an den anatomischen und physiologischen Gegebenheiten des Patienten. Dabei zielt die Behandlung auf natürliche, physiologische Reaktionen des Organismus (z. B. Muskelaufbau, Stoffwechselanregung) zur Wiederherstellung, Erhaltung oder Förderung der Gesundheit. Anwendungen sind z. B. Krankengymnastik als Einzel-, oder Gruppentherapie, Massagen (Klassische Massage, Bindegewebsmassage, Periostmassage, Reflexzonenmassage, Colonmassage), Thermotherapie (Wärme- und Kältetherapie in verschiedenster Form), Atemtherapie, Bewegungsbäder, Rückenschule...

Die Physiotherapie besteht aus diversen Behandlungstechniken, wie z.B.: Manuelle Therapie, Funktionelle Bewegungslehre (FBL), PNF, Vojta, Bobath-Konzept

Physiotherapeuten analysieren und interpretieren sensomotorische Funktions- und Entwicklungsstörungen, um sie mit speziellen manuellen und anderen physiotherapeutischen Techniken zu beeinflussen. Primärer Ansatzpunkt ist das Bewegungssystem und das Bewegungsverhalten, wobei das Ziel Schmerzfreiheit und ökonomisches Bewegungsverhalten ist oder das Schaffen von Kompensationsmöglichkeiten bei irreversiblen Funktionsstörungen.

Physiotherapeuten beeinflussen aber auch Funktionsstörungen innerer Organe, verbessern die Eigen- und Fremdwahrnehmung sowie die Sozialkompetenz und wollen ebenfalls auf die psychische Leistungsfähigkeit einwirken.

Ziele der Physiotherapie sind darüber hinaus, Eigenständigkeit und Selbständigkeit des Patienten zu fördern und die Selbstheilungskräfte des Organismus zu aktivieren; wo Selbständigkeit des Patienten nicht zu erreichen ist, gehört zu den physiotherapeutischen Aufgaben das Anleiten von Angehörigen (z.B. in der Pädiatrie oder bei schweren neurologischen Störungen).

In Deutschland hat der Begriff Physiotherapie im Rahmen einer Novellierung der Berufsgesetze 1994 bundesweit den Begriff "Krankengymnastik" abgelöst. Grund dafür war die Anpassung an den internationalen Sprachgebrauch und die Zusammenführung der west- und ostdeutschen Heilberufe nach der Wiedervereinigung. In der DDR war der Begriff "Physiotherapie" bereits vor der Wiedervereinigung üblich. Physiotherapie wird von Physiotherapeuten, Masseuren und medizinischen Bademeistern in unterschiedlicher Form und Vielfalt ausgeübt.

In Deutschland ist die physiotherapeutische Tätigkeit an eine ärztliche Verordnung (Rezept) gebunden. Dabei wählt der Arzt nach seinem Ermessen geeignete Behandlungsmaßnahmen für den Patienten aus dem Katalog der Heilmittel-Richtlinien.

Seit 1997 diskutiert man Physiotherapie nicht mehr in klassischer medizinischer Gliederung sondern an den Organ- und Funktionssystemen, an denen Physiotherapie wirkt:

  • Bewegungssystem

  • Bewegungsentwicklung und -kontrolle

  • Innere Organe

  • Erleben und Verhalten.

Physiotherapeuten wirken mit Ihren Behandlungsmaßnahmen an allen 4 Organsystemen mit wechselndem Schwerpunkt.

Mitte der 90er-Jahre führte Antje Hüter-Becker dieses "Neue Denkmodell" in die deutsche Physiotherapie ein, das zu einem sich allmählich vollziehenden Paradigmenwechsel in der Physiotherapie führt.

Die erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP) ist eine intensive therapeutische Behandlung und wird ambulant bei akuten und schwerwiegenden Erkrankungen angewendet. Sie beinhaltet z.B. bei der Behandlung von Bandscheibenvorfällen eine Kombination aus Massage, Fango, Krankengymnastik und gezieltem Muskelaufbautraining.

Betätigungsfelder der Physiotherapie sind

  • Prävention

  • stationäre und ambulante Therapie

  • Rehabilitation

  • Kurwesen

  • Wellness

  • Heilgymnastik


Rückenschule: Aktiv gegen den Schmerz

Wirbelsäulengymnastik
 

Gegen Rückenschmerzen hilft nur eines: Bewegung. Nur dadurch bekommt die Wirbelsäule den Ausgleich, den sie nach zu langem Sitzen oder Stehen braucht. Gezielte Dehn- und Kräftigungs-übungen bringen das Rückgrat wieder ins Lot.

Das Kreuz schmerzt. Der Nacken fühlt sich an, als wäre er aus Beton - jede Bewegung wird zur Qual. Vier von fünf Menschen leiden im Verlauf ihres Lebens unter mehr oder weniger starken Rückenproblemen. Viele glauben, dass sie mit den Beschwerden leben müssen. Sie sind überzeugt, dass sich die Schmerzen einschleichen, weil sie zu schwer arbeiten oder einfach älter werden. Das stimmt aber nicht: Das Altern trägt nur eine Teilschuld. Eine schlechte Körperhaltung und Bewegungen, die das Kreuz belasten, sind hauptsächlich für den Verschleiß der Wirbelsäule verantwortlich. Viele für den Rücken schädliche Verhaltensweisen finden wir ganz normal. Doch leider hat die Evolution den menschlichen Körper noch nicht auf "computertauglich" oder "Couchpotato" umgestellt. Die schlecht behandelte Wirbelsäule wehrt sich mit Schmerzen.

 
Bewegung macht schmerzfrei

 

 

Was die Wirbelsäule aushalten muss

Die Wirbelsäule gibt dem Rumpf seine Stabilität. Sie kann aber nicht allein die Stellung halten. Man kann sich unser Rückgrat als beweglichen Stab vorstellen, der sich aus Wirbelkörpern und -gelenken, Bandscheiben sowie Gelenkkapseln aufbaut. An den Wirbelkörpern setzen Sehnen und Bänder an. Erst durch die Rumpfmuskulatur hält sich die Wirbelsäule aufrecht, kann sich bücken, drehen, wenden.

Eine schlechte Körperhaltung, falsche Bewegungen und schlaffe Muskeln überdehnen und lockern mit der Zeit die Gelenkkapseln und Bänder. Einzelne Muskeln müssen zu viel leisten, andere dagegen werden gar nicht beansprucht. Wirbelgelenke und Bandscheiben werden ungünstig belastet oder gar aus ihrer natürlichen Position verschoben. Stehen aber zwei Wirbelkörper nicht mehr senkrecht übereinander, sondern sind sie leicht gegeneinander gekippt, verteilt sich der Druck ungleichmäßig auf die Pufferzone dazwischen: die Bandscheibe. Die Folgen sind vorzeitiger Verschleiß und Schmerzen.

Speziell ein Hohlkreuz belastet die Wirbelgelenke. Sie können sich verschieben und die Kapseln überdehnen. Das kann oft quälende Schmerzen auslösen. Bietet das "Muskelkorsett" der Wirbelsäule nicht mehr genügend Halt, ist es Zeit für ein Bewegungs- und Kräftigungsprogramm. Dadurch kommen Sie nicht nur wieder in die alte Form. Sie können auch Abnützungsprozesse rechtzeitig stoppen oder zumindest verlangsamen.

 

Fünf goldene Regeln für die Wirbelsäule

  1. Rücken gerade halten
    "Lass´ die Schultern nicht so hängen! Steh gerade!" Einfach nervtötend waren die Ermahnungen der Eltern. Aber sie hatten Recht: Unser Rücken fühlt sich am wohlsten, wenn er sich gerade hält. Dies gilt sowohl im Ruhezustand als auch unter Belastung. Schlechte Haltung wie hängende Schultern oder ein runder Rücken verkürzen auf Dauer die Brust- und Bauchmuskulatur. Gleichzeitig überdehnt sich die Schulter- und Rückenmuskulatur. Das führt zu Verspannungen, die Wirbelsäule kann ihre Funktion als Stoßdämpfer nicht mehr wahrnehmen.

     

       
    Zu viel Gewicht schädigt das Kreuz
     
  2. Keine schweren Gegenstände heben
    Bereits das Heben leichterer Lasten führt dazu, dass die Bandscheiben vor allem im unteren Wirbelsäulenbereich beansprucht werden. Ist es unvermeidlich, etwas Schweres zu heben, Rumpfmuskulatur anspannen und Bauch einziehen. Das Gewicht sollte man so nah am Körper wie möglich hochheben. Mit jedem Zentimeter Abstand des Gegenstands vom Körper vergrößert sich die Belastung überproportional für die untere Wirbelsäule.

     

  3. Nicht mit gestreckten Beinen stehen
    Durchgestreckte Beine sind Gift für die Wirbelsäule, weil man dadurch automatisch ein Hohlkreuz macht. Stehen Sie locker mit leicht gebeugten Knien und nutzen Sie jede Möglichkeit, sich anzulehnen. Der so genannte Thekenstand ist ein gutes Beispiel für entspanntes Stehen: Ein Fuß ist leicht erhöht abgestellt und der Oberkörper ist abgestützt.

     

  4. Lasten gleichmäßig verteilen
    Wenn Sie etwas tragen müssen, verteilen Sie die Lasten gleichmäßig. Benutzen Sie lieber zwei Taschen und tragen Sie rechts und links je eine. Dadurch erreichen Sie eine gerade Haltung im Schulterbereich und schonen Ihre Bandscheiben. Müssen Sie etwas Schweres weiterreichen, vermeiden Sie Drehbewegungen des Oberkörpers. Gehen sie stattdessen mit dem gesamten Körper in die Bewegungsrichtung. Durch Drehbewegungen des Oberkörpers kann es sogar zum Bandscheibenvorfall kommen!

     

  5. Viel bewegen und die Wirbelsäulenmuskeln trainieren
    Die Bandscheiben brauchen den ständigen Wechsel zwischen Be- und Entlastung, um ihre Funktion zu erhalten. Wenn Sie Ihre Körperhaltung häufig variieren und gezielt Übungen für eine gute Rumpf- und Bauchmuskulatur machen, schützt das Ihre Wirbelsäule vor vorzeitigem Verschleiß. Üben Sie aber richtig: Viele Übungen sind die reinsten Bandscheiben-Killer. Dazu gehören ruckartiges Drehen oder Beugen des Rumpfs oder die "Klappmesserübungen".
    Machen Sie mit bei unserem Wirbelsäulentraining, das auch für Untrainierte geeignet ist!

 

Bevor Sie beginnen...

  • Täglich fünf Minuten zu üben ist besser als einmal pro Woche eine halbe Stunde.
  • Immer mit einer Aufwärmübung beginnen.
  • Keine Übungen aus dem Hohlkreuz heraus machen.
  • Bei Bodenübungen die Beine nicht strecken, sondern leicht anwinkeln.
  • Nie üben, wenn man Schmerzen empfindet.
  • Anforderung ist gut, Überforderung ist zu vermeiden.

 

Sechs Übungen für die Wirbelsäule
Übung 1:
 
   
 
 

Stellen Sie sich aufrecht hin. Die Hände hängen locker an der Seite. Rollen Sie nun Ihre Wirbelsäule langsam ein: Das Kinn legt sich auf den Brustkorb. Die Halswirbelsäule rundet sich, es folgt die Brustwirbelsäule, dann die Lendenwirbelsäule. Die Hände bewegen sich in Richtung Boden. Ziel ist nicht zwingend, mit den Fingern den Boden zu berühren. So langsam, wie Sie Ihre Wirbelsäule eingerollt haben, rollen Sie sie wieder auf. Die Übung durchblutet und dehnt die Muskeln und Bänder, mobilisiert die Wirbelsäule.
Fünf Wiederholungen!



Übung 2:
 

   
 
 
Sie stehen mit leicht gebeugten Knien. Die Wirbelsäule ist aufrecht. Die Schultern sind locker, der Brustkorb drückt sich leicht nach vorn und das Becken ist aufgerichtet. Die Lendenwirbelsäule bildet ein leichtes Hohlkreuz. Sie strecken den rechten Arm zur Decke - die Handinnenfläche zeigt nach oben - und den linken Arm - die Handinnenfläche weist nach unten - mit Druck zum Boden. Spannung etwa fünf Sekunden halten. Lösen Sie die Spannung und wechseln Sie die Arme. Die Übung kräftigt die Rückenmuskulatur.
Pro Seite fünf Wiederholungen!



Übung 3:
 
   
 
 
Stützen Sie sich mit Knien und Händen auf den Fußboden. Lassen Sie die Wirbelsäule leicht durchhängen, machen Sie ein leichtes Hohlkreuz. Die Hände bleiben auf der Stelle. In langsam fließenden Bewegungen lässt sich das Gesäß auf die Ferse nieder und die Wirbelsäule krümmt sich zu einem runden Katzenbuckel. Langsam in die Ausgangsposition zurückbewegen.
Durch diese Übung erreichen Sie Elastizität und Dehnung der Bänder und Muskeln.
Wiederholen Sie die Übung fünfmal.

Übung 4:
 
   
 
 
Legen Sie sich mit angewinkelten Beinen auf den Boden und verschränken Sie die Arme unter Ihrem Kopf. Heben Sie nun den Kopf- und Schulterbereich etwa 15 Zentimeter vom Boden an. Führen Sie die Ellbogen dabei zusammen. Dadurch presst sich die Lendenwirbelsäule auf den Boden, das kräftigt die Bauch- und Rumpfmuskulatur. Danach wieder zurück in die Ausgangsposition und entspannen. Wiederholen Sie die Übung fünfmal.



Übung 5:
 
   
 
 
Die Arme liegen neben dem Kopf und bilden eine U-Form. Die Knie sind angewinkelt, die Füße stehen parallel auf dem Fußboden. Legen Sie nun beide Knie abwechselnd zur rechten und zur linken Seite. Halten Sie dabei den Oberkörper ruhig. Die Übung kräftigt den Bereich der unteren Lendenwirbelsäule.
Wiederholen Sie die Übung je fünfmal.


Übung 6:
 
   
 
 
So kommen Sie von der Rückenlage in den Stand: Rollen Sie sich auf eine beliebige Seite, ziehen Sie die Knie zum Oberkörper und setzen Sie sich auf die Unterschenkel - die Arme helfen dabei. Dann richten Sie den Oberkörper auf, heben den Po an, setzen den rechten Fuß vor das linke Knie auf den Boden. Dann legen Sie beide Hände übereinander auf den rechten Oberschenkel, stützen sich ab und stemmen sich mit geradem und angespanntem Rücken hoch.